Arztfehler: Entschädigung bei falscher Diagnose und Behandlung

Irren ist menschlich - und auch Ärzte sind nur Menschen und können Fehler begehen. In diesem Fall können Sie aber auf Kosten der Gesundheit des Patienten gehen, manchmal auch von dessen Leben.

Ethische Grundlage

In Deutschland muss zwar kein angehender Arzt mehr den sogenannten Hippokratischen Eid und auch sonst kein Gelöbnis verpflichtend leisten, die ethische Richtschnur ist es natürlich dennoch, dem Patienten zu helfen, sein Wohlbefinden wiederherzustellen oder zumindest zu fördern und Leben zu erhalten.

Die ärztliche Schweigepflicht, die es auch schon im Hippokratischen Eid gab, ist dagegen nicht mehr nur ein Selbstbekenntnis, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Deren Verletzung ist eine Straftat.

Diagnosefehler

Wenn Ärzte falsche Diagnosen stellen oder Krankheiten übersehen, kann das für Patienten fatale Folgen haben.

Eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse wird in 70 Prozent der Fälle für eine Gastritis gehalten. Da Migräne auch Lähmungserscheinungen hervorrufen kann, übersehen Ärzte bei solchen Patienen oft einen Schlaganfall.

Häufig irren sich Mediziner auch in der Beurteilung von Patienten mit schwerer Hirnschädigung. Nach einer Studie der Universität Lüttich wird in über 40 Prozent der Fälle irrtümlich die Diagnose Wachkoma gestellt, während der Patient jedoch tatsächlich in einem Zustand minimalen Bewusstseins (MCS) ist. Im schlimmsten Fall kann es passieren, dass aufgrund der falschen Diagnose die lebenserhaltenden Maßnahmen beendet werden.

Behandlungsfehler

Oft resultiert eine falsche Behandlung aus einer falschen Diagnose, aber nicht immer.

Unter den häufigsten Behandlungsfehlern sind besonders viele, die sich auf das Knochengerüst beziehen: So richten sich die meisten Beschwerden von Patienten gegen Orthopäden. Knie- und Hüftgelenkarthrosen sowie Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen stehen ganz oben auf der Liste. Dazu kommen Brüche in Händen, Füßen, Hüft- und Kniegelenken, aber auch Rückenschmerzen, Brustkrebs und Thrombose.

Auch eine falsche Behandlung kann schwere Folgen haben: So kann ein ungeeignetes Medikament oder eine Überdosis zum Beispiel zu einem Erstickungsanfall oder einem allergischen Schock und dadurch auch zum Tod führen.

Das passierte einem Medizinstudenten im Praktischen Jahr in einem Bielefelder Krankenhaus, als er einem Baby ein Antibiotikum per Spritze statt oral verabreichte. Das Baby erlitt einen allergischen Schock und starb. Der Student wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Weitere Arztfehler

Jeder kennt sie: die Artikel mit Röntgenbildern über vergessene Operationsinstrumente im Körper von Patienten. Das kommt aber nur in Boulevard-Zeitungen oft vor, in der Praxis zum Glück fast gar nicht.

Relativ häufig ist dagegen mangelnde Information vonseiten des Arztes, zum Beispiel über Nebenwirkungen eines Medikaments oder über die Risiken einer Operation. Außerdem kann ein Arzt bei der Bedienung eines medizinischen Geräts Fehler machen.

Entschädigung und Schmerzensgeld

Voraussetzung für Schadensersatzansprüche sind tatsächliche gesundheitliche Schäden für den Patienten. Auch muss geprüft werden, ob der Arzt allein verantwortlich oder nur mitverantwortlich ist.

Bei Verdacht auf Arztfehler können sich Betroffene an Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern wenden. Diese bieten Patienten nach eigenen Angaben eine unabhängige Expertenbegutachtung und außergerichtliche Streitschlichtung an.

In rund 90 Prozent der Fälle werden die Entscheidungen dieser Stellen von beiden Parteien akzeptiert und die Streitigkeiten beigelegt. Kommt es zu einem Verfahren vor Gericht, folgt dieses fast immer der Empfehlung der Gutachter. Ärzte und Kliniken sind übrigens verpflichtet, Unterlagen herauszugeben.

Der Verein Aktionsbündnis Patientensicherheit ist ebenfalls eine gute Adresse, um sich über Möglichkeiten als betroffener Patient zu informieren.

Auch wenn der Einzelfall für die Betroffenen schlimm ist, bleibt doch anzumerken, dass die Zahl der tatsächlich festgestellten Diagnose- und Behandlungsfehler in Deutschland tendenziell abnimmt und gemessen an der Gesamtzahl der Behandlungsfälle nur im Promillebereich liegt.

Foto: © Blaj Gabriel – Shutterstock.com

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