Wem steht das Sorgerecht nach Trennung oder Scheidung zu?

Lässt sich ein Paar mit Kindern, ist wohl die wichtigste Frage wohl, wer sich nun wie um die Kinder kümmert und bei wem sie wohnen sollen.

Wer bekommt das Sorgerecht nach Trennung oder Scheidung?

Grundsätzlich ändert sich durch eine Trennung oder Scheidung am Sorgerecht der Eltern nichts: Hatten beide Eltern vor der Trennung oder Scheidung das Sorgerecht gemeinsam, dann bleibt es auch danach dabei.

Es ist aber auch möglich, dass das Sorgerecht nach der Trennung oder Scheidung von nur einem Elternteil ausgeübt wird.

Gemeinsames Sorgerecht nach Trennung oder Scheidung

In Deutschland bleibt nach neun von zehn Scheidungen das Sorgerecht zunächst bei beiden Elternteilen. Das gemeinsame Sorgerecht ist also der Regelfall.

Nach § 1687 Absatz 1 Satz 1 BGB ist beim gemeinsamen Sorgerecht "bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist", das gegenseitige Einvernehmen beider Elternteile erforderlich.

Für das Kind von erheblicher Bedeutung sind zum Beispiel Entscheidungen über die Schulauswahl oder einen Schulwechsel, über die religiöse Erziehung, über schwerwiegende medizinische Eingriffe sowie über Anlage und Verwendung des Vermögens des Kindes.

Der Elternteil, bei dem das Kind mit Einverständnis des anderen Elternteils oder auf gerichtlichen Beschluss lebt, darf in Angelegenheiten des täglichen Lebens allein entscheiden. Darunter fallen Entscheidungen, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben, zum Beispiel über Schlafzeiten und Essgewohnheiten.

Das Familiengericht kann einzelne Bereiche der Alleinentscheidungsbefugnis des einen Elternteils jedoch einschränken oder ganz ausklammern, wenn dies zum "Wohle des Kindes" erforderlich ist.

Alleiniges Sorgerecht auf gerichtlichen Beschluss

Das alleinige Sorgerecht wird nur auf Antrag eines nicht nur vorübergehend getrenntlebenden Elternteils gewährt. Den Antrag kann sowohl der Vater als auch die Mutter stellen (vgl. § 1671 BGB).

Dem Antrag ist laut Gesetz stattzugeben,
"soweit
1. der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2. zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht."

In der Praxis wird nur in sechs Prozent der Verfahren, in denen das Familiengericht bereits bei der Scheidung über die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder entschieden hat, dem Vater die alleinige Sorge zugesprochen. Der Mutter erhielt das alleinige Sorgerecht in zwei Dritteln der Fälle.

Wer bekommt das Sorgerecht bei Nicht-Verheirateten?

Wenn ein uneheliches Kind geboren wird und die Eltern später weder einander heiraten, noch eine gemeinsame Sorgerechtserklärung (Sorgeerklärung) abgeben, dann hat die Mutter das alleinige Sorgerecht (§ 1626 a Absatz 2 BGB).

Wenn das unverheiratete Paar, das ein uneheliches Kind auf die Welt gebracht hat, nun längere Zeit - das Gesetz sagt "nicht nur vorübergehend" - getrennt ist, kann der Vater beim Familiengericht beantragen, dass ihm das Sorgerecht vollständig oder teilweise übertragen wird (§ 1672 BGB).

Reform des Sorgerechts bringt mehr Rechte für unverheiratete Väter

Bis 2013 war eine Übertragung des Sorgerechts von einer ledigen Mutter auf den unverheirateten Vater nur möglich mit Zustimmung der Mutter. Stimmte die Mutter nicht zu, konnte der Vater seinen Anspruch auf sein Sorgerecht nicht einklagen.

Der Europäische Gerichtshof sah darin einen Verstoß gegen die Menschenrechte. Das deutsche Sorgerecht wurde dementsprechend geändert und seit 2013 können auch unverheiratete Männer ein teilweises oder alleiniges Sorgerecht einklagen. Der Vater kann also nun die Mitsorge auch dann erlangen, wenn die Mutter nicht zustimmt.

In § 1671 Absatz 2 heißt es dazu:
"Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
1. die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2. eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht."

Auf welcher Grundlage entscheidet ein Familiengericht über das Sorgerecht?

Das Familiengericht kann anhand der Befragung der Eltern, einer Unterhaltung mit dem Kind oder anhand eines Gutachten des Jugendamts seinen Beschluss fassen.

Ebenfalls eine große Rolle spielen folgende Fragen:
Funktioniert die gemeinsame Kommunikation zwischen den Eltern?
Welchem Elternteil ist das Kind näher?
Bei welchem Elternteil wird das Kind besser betreut?

Eine gerichtliche Übertragung des Sorgerechts kann durch eine weitere gerichtliche Entscheidung später auch wieder rückgängig gemacht werden, wenn sich die Umstände ändern und es das Beste für das Kind ist.

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