Behinderte Menschen dürfen wegen ihrer Behinderung nicht benachteiligt werden. Das ist ein Grundrecht in Deutschland und steht in Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes. Im Arbeitsrecht haben Schwerbehinderte sogar besondere Rechte.
Behinderungen werden in Grade von 10 bis 100 (in Zehnerschritten) auf der Grundlage ärztlicher Untersuchungen unterteilt. Als behindert gilt man per Gesetz ab einem Grad von 20, eine Schwerbehinderung liegt ab 50 vor. Dies ist in § 2 Absatz 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) definiert. Schwerbehinderten gleichgestellt sind außerdem Menschen mit einer Behinderung von mindestens 30.
Im Gesetz heißt es dazu wörtlich:
"Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen)."
Die Gleichstellung hat den Vorteil, dass man denselben besonderen Kündigungsschutz genießt wie ein Schwerbehinderter.
Die Pflichten der Arbeitgeber in Bezug auf die Beschäftigung von Schwerbehinderten sind in § 164 SGB IX (Fassung seit 1. Januar 2018) beschrieben. Gemäß Absatz 1 sind Arbeitgeber
"verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor."
Absatz 2 und 3 betonen, dass Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen dürfen und durch geeignete Maßnahmen sicherstellen müssen, "dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann". Vorgeschrieben ist, dass Arbeitgeber, die über jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätze verfügen, wenigstens fünf Prozent Schwerbehinderte beschäftigen müssen (§ 154 SGB IX).
In § 164 Absatz 4 heißt es weiter:
"Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf
1. Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2. bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3. Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4. behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,
5. Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung."
Für behindertengerechte Ausstattung und erforderliche Umbauten von Arbeitsplätzen können Arbeitgeber Zuschüsse vom Integrationsamt und von der Agentur für Arbeit erhalten. Falls Arbeitgeber die Quote nicht einhalten, müssen sie jährlich eine Ausgleichsabgabe an das Integrationsamt abführen.
Gemäß den §§ 168 bis 175 SGB IX genießen schwerbehinderte und gleichgestellte behinderte Menschen einen besonderen Schutz vor Kündigungen. Bevor ein Arbeitgeber diese Arbeitsverhältnisse kündigen kann, muss er nämlich die Zustimmung des Integrationsamtes (§ 168 SGB IX) einholen und die Schwerbehindertenvertretung beteiligen (§ 178 SGB IX), ansonsten ist die Kündigung unwirksam.
Die Kündigungsfrist beträgt mindestens vier Wochen, wie auch für nicht behinderte Arbeitnehmer.
Der Sonderkündigungsschutz ist ausgeschlossen, wenn der schwerbehinderte Arbeitnehmer dem Ende seiner Beschäftigung durch einen Aufhebungsvertrag zustimmt, wenn er selbst kündigt oder wenn sein befristeter Arbeitsvertrag regulär abläuft.
Der Sonderkündigungsschutz gilt außerdem erst nach sechs Monaten, das heißt innerhalb der ersten sechs Monate nach Antritt der Stelle kann ein Schwerbehinderter ohne Zustimmung gekündigt werden (§ 173 Absatz 1 Nummer 1 SGB IX). Es gilt dann nur das normale Kündigungsschutzgesetz wie für alle anderen Arbeitnehmer.
Arbeitnehmer mit einer Schwerbehinderung haben Anspruch auf einen bezahlten Zusatzurlaub von fünf Tagen (§ 208 Absatz 1 SGB IX). Die Urlaubstage werden zu den regulären Urlaubstagen dazugerechnet, die auch den nicht behinderten Kollegen laut Arbeits- oder Tarifvertrag oder nach gesetzlichen Bestimmungen zustehen. Gleichgestellte behinderte Menschen haben diesen Anspruch auf Zusatzurlaub nicht.
Schwerbehinderte und gleichgestellte Beschäftigte haben das Recht, Mehrarbeit abzulehnen. Der Arbeitgeber muss sie auf Verlangen davon freistellen (§ 207 SGB IX). Enthält der Arbeitsvertrag eine Klausel nach dem Muster, dass Mehrarbeit angeordnet werden kann, ist sie für den schwerbehinderten Arbeitnehmer unwirksam.
Einfluss auf die Arbeitszeiten kann ein Schwerbehinderter nicht nehmen. Im Einzelfall kann er allerdings prüfen lassen, ob eine Schichtarbeit behindertengerecht ist und sich davon ausnehmen lassen.
Im Vorfeld einer Arbeitsaufnahme, wie im Vorstellungsgespräch, muss ein Bewerber seine Schwerbehinderung nicht angeben, auch nicht wenn der Arbeitgeber direkt danach fragt. Spätestens sechs Monate nach Antritt der Beschäftigung, also nach dem Erwerb des Sonderkündigungsschutzes für behinderte Menschen, muss er dem Arbeitgeber laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aber auf die Frage nach einer Schwerbehinderung wahrheitsgemäß antworten (Urteil vom 16. Februar 2012, 6 AZR 553/10).
Foto: © arnoaltix - 123RF.com