EU-Bürger genießen im gesamten Unionsgebiet das sogenannte Freizügigkeitsrecht, das bedeutet sie können sich in jedem EU-Land unbegrenzt aufhalten und niederlassen. Das gilt auch für ihre Familienangehörigen.
Das Freizügigkeitsgesetz (FreizügG/EU) von 2005 ist ein Teil des deutschen Zuwanderungsgesetzes und gibt allen Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen in Deutschland das Recht auf Einreise und Aufenthalt. Dementsprechend können Unionsbürger, die sich in Deutschland niedergelassen haben, ihre Familien nachholen (Familiennachzug). Das gilt in erster Linie für Nicht-EU-Bürger, die mit EU-Bürgern verheiratet sind (Ehegattennachzug), aber ebenso für Verwandte in gerade absteigender oder aufsteigender Linie (Kinder und Enkel, Eltern und Großeltern) sowie für Kinder des Ehegatten. EU-Bürgern gleichgestellt sind Staatsangehörige der Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Lichtenstein, Norwegen) und der Schweiz.
Das Kapitel zum Familiennachzug des deutschen Aufenthaltsgesetzes (§§ 27 ff AufenthG) gilt in diesen Fällen nicht, sondern wird vom EU-Recht überlagert. Dieses beruht auf der Richtlinie 2003/86/EG des Europäischen Rates vom 22. September 2003, die die Mitgliedstaaten dazu aufforderte, das Recht auf Familienzusammenführung bis zum 3. Oktober 2005 in nationales Recht umzusetzen.
Hinsichtlich der Voraussetzungen der Familienzusammenführung wird unterschieden zwischen dem Nachzug zu erwerbstätigen freizügigkeitsberechtigten (§ 3 FreizügG/EU) und nichterwerbstätigen freizügigkeitsberechtigten EU-Bürgern (§ 4 FreizügG/EU).
Im Falle von erwerbstätigen EU-Bürgern gilt das Freizügigkeitsrecht, sofern Sie denselben Wohnsitz haben wie der EU-Bürger und dieser für ihren Unterhalt sorgt.
Im Falle von nicht erwerbstätigen EU-Bürgern müssen die Familienangehörigen weitere Kriterien erfüllen: Neben einer gemeinsamen Wohnung mit dem EU-Bürger müssen sie einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel nachweisen. Außerdem können in diesem Fall nur Angehörige nachgeholt werden, gegenüber denen der EU-Bürger unterhaltspflichtig ist. Die Kinder des Ehegatten gehören zum Beispiel nicht dazu.
Wenn sich der Familienangehörige schon seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, ergibt sich für ihn ein eigenständiges Aufenthaltsrecht unabhängig vom EU-Bürger und er muss keine dieser Vorausseztungen erfüllen (§ 2 Absatz 5 FreizügG/EU).
Die Familienangehörigen von EU- und EWR-Bürgern, die selbst eine Drittstaatsangehörigkeit haben, benötigen für die Einreise nach Deutschland ein Visum zur Familienzusammenführung nach den Bestimmungen des deutschen Aufenthaltsgesetzes. Dieses Visum wird in der deutschen Vertretung in ihrem Heimatland beantragt. In Deutschland muss dann der EU-Bürger bei der Ausländerbehörde an seinem Wohnort eine sogenannte Aufenthaltskarte für sie beantragen.
Erforderlich sind ein gültiger Reisepass des Familienangehörigen, ein aktuelles biometrisches Foto, der Nachweis der Verwandtschaft zum EU-Bürger sowie die Meldebescheinigung des EU-Bürgers, ggf. auch Nachweise über eigenen Wohnraum, Krankenversicherung und Einkünfte. Der Antrag und die Ausstellung der Karte sind gebührenfrei.
Die Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers ist fünf Jahre lang gültig. Nach Ablauf der fünf Jahre kann dem Familienangehörigen die Aufenthaltskarte entzogen werden, wenn die Voraussetzungen nicht mehr fortbestehen. Ansonsten kann sie in eine Daueraufenthaltskarte umgewandelt werden.
Der Nachzug von ausländischen Familienangehörigen zu Deutschen nach Deutschland richtet sich nach dem deutschen Aufenthaltsgesetz. Dementsprechend bekommen ausländische Angehörige von Deutschen keine Aufenthaltskarte, sondern eine Aufenthaltserlaubnis. Deutsche, obwohl sie auch EU-Bürger sind, genießen also im Inland nicht dieselben Vergünstigungen des Freizügigkeitsrechts, das ausländische EU-Bürger beim Nachholen ihrer Familienangehörigen aus Drittstaaten nach Deutschland beanspruchen können. Um das Verfahren zu vereinfachen, kommt hier ggf. ein Nachzug über ein anderes EU-Land, zum Beispiel Frankreich, in Frage.
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