Straffällig gewordene Jugendliche werden in Deutschland nicht nach dem allgemeinen Strafrecht verurteilt, sondern nach dem Jugendstrafrecht, das mildere Strafen vorsieht, da die Täter vor dem Gesetz noch aus unreif gelten. Bei schweren Verbrechen ist aber auch Freiheitsentzug möglich.
Jugendliche und Heranwachsende werden im Strafrecht besonders behandelt. Als Jugendlicher gilt, wer zwischen 14 und 17 Jahre alt ist. Heranwachsender ist man im Alter von 18 bis 20.
Zwar müssen sich auch junge Menschen für alle bekannten Straftaten verantworten, aber auf Jugendliche muss und auf Heranwachsende kann das Jugendstrafrecht angewendet werden, bei dem der Erziehungsgedanke und nicht die Strafe im Vordergrund steht.
Für die meisten Straftaten sieht das Jugendgerichtsgesetz (JGG) deshalb sogenannte Erziehungsmaßregeln (§ 9 JGG) oder Zuchtmittel (§§ 13 ff. JGG) vor. Zu den Erziehungsmaßregeln zählen zum Beispiel Heimunterbringung, das Bestellen einer Aufsichtsperson oder soziale Trainingskurse. Zuchtmittel sind Verwarnung, Auflage (zum Beispiel gemeinnützige Arbeit) und Jugendarrest (Freizeit-, Kurz- oder Dauerarrest bis maximal vier Wochen).
Die härteste Bestrafung ist die Jugendstrafe. Sie ist in § 17 Absatz 1 JGG definiert als "Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung", das heißt einer Jugendstrafanstalt.
Verurteilungen zu einer Jugendstrafe, auch zur Bewährung, werden im Gegensatz zu Zuchtmitteln in das Bundeszentralregister eingetragen. Im Führungszeugnis erscheinen allerdings nur Jugendstrafen, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurden sowie von mehr als zwei Jahren zur Bewährung. Außerdem sind die Löschfristen bei Jugendlichen kürzer als bei Erwachsenen.
Zu den Voraussetzungen für die Verhängung einer Jugendstrafe heißt es weiter in § 17 Absatz 2 JGG:
"Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist."
Was unter schädlichen Neigungen und Schwere der Schuld zu verstehen ist, entscheidet der Richter im Einzelfall.
Eine Jugendstrafe dauert mindestens sechs Monate und höchstens fünf Jahre (bei Vergehen). Hat der Jugendliche ein Verbrechen begangen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre (§ 18 Absatz 1 JGG). Wird ein Heranwachsender nach dem Jugendstrafrecht für einen Mord verurteilt, sind in diesem Ausnahmefall und bei einer besonderen Schwere der Schuld sogar 15 Jahre möglich (§ 105 Absatz 3 Satz 2 JGG).
Wenn der Richter meint, dass schon die Verurteilung allein als Warnung ausreicht oder wenn ein Vollzug die Entwicklung des Jugendlichen gefährden würde, kann er Jugendstrafen von bis zu zwei Jahren zur Bewährung aussetzen. Die Bewährungszeit muss mindestens zwei Jahre und darf höchstens drei Jahre betragen.
Zur Persönlichkeit und zum Lebensweg des Jugendlichen sowie zum empfohlenen Strafmaß erhält der Richter vor der Hauptverhandlung eine Einschätzung der Jugendgerichtshilfe, die ausführlich mit dem Jugendlichen spricht und eine Besonderheit im Jugendtrafrecht darstellt. Im Falle von Heranwachsenden gibt die Jugendgerichtshilfe außerdem eine Einschätzung darüber ob, ob das Jugendstrafrecht oder das allgemeine Strafrecht zur Anwendung kommten sollte. An die Einschätzungen ist das Gericht allerdings nicht gebunden.
Jugendtypische Delikte wie Diebstahl werden in der Regel nur mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln bestraft.
Bei einfacher Körperverletzung sieht das allgemeine Strafrecht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor oder Geldstrafe. Da das Höchstmaß der Jugendstrafe ebenfalls fünf Jahre beträgt, ist der Spielraum für das Strafmaß hier nach beiden Gesetzen genauso groß.
Bei gefährlicher Körperverletzung sieht es anders aus: Zwar gilt auch gefährliche Körperverletzung als Vergehen, doch kann ein Erwachsender dafür mit einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren bestraft werden. Im Jugendstrafrecht gilt aber auch hier die Beschränkung auf maximal fünf Jahre. Der Jugendliche wird also milder bestraft.
Totschlag zum Beispiel ist ein Verbrechen und wird im allgemeinen Strafrecht mit fünf bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe geahndet. Im Jugendstrafrecht beträgt die maximale Freiheitsstrafe zehn hier Jahre, so dass auch in diesem Fall der Jugendliche von dem milderen Strafmaß profitiert.
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