Zusätzlich zur gesetzlichen Erbfolge kann ein Erblasser bestimmte Gegenstände oder ein Guthaben bei der Bank einem Dritten vermachen. Ein solches Vermächtnis ist im Erbrecht an bestimmte Rahmenbedingungen gebunden.
Ein Vermächtnis liegt nach § 1939 BGB vor, wenn der Erblasser durch ein Testament einem anderen einen Vermögensteil vermacht, ohne ihn als Erben einzusetzen. Das Vermächtnis kann auch in einer anderen Verfügung enthalten sein, zum Beispiel in einem Erbvertrag.
Normalerweise bestimmt der Erblasser in einem Testament mit Vermächtnis einen oder mehrere Erben, die die Rechtsnachfolge des Erblassers antreten sollen. Zusätzlich zu den Erben kann er Vermächtnisnehmer bestimmen, die gewisse Geldbeträge oder Gegenstände aus dem Nachlass erhalten sollen. Da der Vermächtnisnehmer kein Erbe wird, haftet er auch nicht für Schulden des Verstorbenen oder andere Nachlassverbindlichkeiten.
Der Anspruch des Vermächtnisnehmers entsteht zum Zeitpunkt des Erbfalls (§ 2176 BGB) und ist unabhängig davon, ob das Erbe ausgeschlagen oder angenommen wird (§ 2161 BGB). Das Vermächtnis kann an eine Frist oder Bedingung geknüpft sein (§ 2177 BGB). Der Vermächtnisnehmer kann nach § 2174 BGB den vermachten Gegenstand von den Erben einfordern. Zu beachten ist, dass der Anspruch des Vermächtnisnehmers nach drei Jahren verjährt.
Eine Besonderheit unter den Vermächtnissen stellt das sogenannte Vorausvermächtnis dar (§ 2150 BGB). Dabei handelt es sich um ein Vermächtnis, das einen der Erben als Vermächtnisnehmer bestimmt. Ein Vorausvermächtnis gilt in der Regel nur bei einer Erbengemeinschaft.
Durch ein solches Vorausvermächtnis vererbt der Erblasser einem Erben oder einem Miterben nicht nur die Erbschaft oder einen Teil davon, sondern vermacht ihm zusätzlich einen bestimmten Vermögensgegenstand im Rahmen des Vermächtnisses.
Dieser Vermögensgegenstand wird aber nicht auf den Erbteil angerechnet. Dadurch unterscheidet sich das Vorausvermächtnis von einer Teilungsanordnung, durch die der Erblasser eine bestimmte Aufteilung des Nachlasses nach § 2048 BGB festlegt. Bei einer Teilungsanordnung muss der zugewiesene Teil des Nachlasses auf den Erbteil angerechnet werden.
Wird der Erbteil eines pflichtteilsberechtigten Erben durch das Vermächtnis stark geschmälert, kann er das Erbe ausschlagen und dafür den Pflichtteil fordern (§ 2306 BGB).
Enthält ein Testament ein Vermächtnis eines höheren Geld- oder Sachwerts, löst dies die Erbschaftsteuer aus. Nach § 20 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) ist der Erwerber des Vermächtnisses grundsätzlich der Steuerschuldner.
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