Wer etwas geerbt hat, geht in der Regel davon aus, dass es sich um ein Vermögen handelt. Doch oft ist die Überraschung groß, denn Erbschaften können nicht nur werthaltige Vermögensgegenstände beinhalten, sondern auch Schulden. Deswegen sollten Sie im Falle eines Erbes so schnell wie möglich herausfinden, ob der Erblasser Schulden hatte.
Mit dem Tod des Erblassers geht das Vermögen als Ganzes auf die Erben über (Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB). Nach dem Gesetz gehen damit auch die Forderungen von Gläubigern gegenüber dem Erblasser (Erblasserschulden) und die übrigen Nachlassverbindlichkeiten wie Erbfallschulden und Nachlassverwaltungsschulden auf den Erben über.
Der Erbe haftet also für die Verpflichtungen, die der Erblasser noch zu Lebzeiten eingegangen ist und nicht mehr erfüllt hat, sowie darüber hinaus für die Verbindlichkeiten, die den Erben als solchen treffen, also insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen (§ 1967 BGB).
Außerdem trägt der Erbe die durch den Erbfall entstandenen Schulden, wie die Kosten der Beerdigung (§ 1968 BGB) oder die Erbschaftsteuer nach dem Erbschaftsteuergesetz.
Des Weiteren haftet der Erbe für die Erbschaftsverwaltungsschulden. Das sind Verbindlichkeiten, die dem Erben aufgrund der Verwaltung und der Abwicklung des Nachlasses entstehen (zum Beispiel Kosten für die Testamentseröffnung, die Testamentsvollstreckung oder die Nachlassverwaltung).
Schließlich ist der Erbe verpflichtet, Familienangehörigen des Erblassers, die zur Zeit des Todes des Erblassers in dessen Haushalt gelebt und von ihm Unterhalt bezogen haben, in den ersten 30 Tagen nach dem Eintritt des Erbfalls in demselben Umfang, wie der Erblasser es getan hat, Unterhalt zu gewähren und die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände zu gestatten (§ 1969 BGB), es sei denn, der Erblasser hat durch eine Verfügung etwas anderes bestimmt.
Sind mehrere Erben vorhanden, so haften sie für die Nachlassverbindlichkeiten im Außenverhältnis als Gesamtschuldner, untereinander aber nur in Höhe ihres eigenen Erbteils.
Das bedeutet, dass ein Gläubiger (zum Beispiel das Beerdigungsunternehmen oder der Testamentsvollstrecker) einen Miterben in voller Höhe seiner Forderung gegen die Erbengemeinschaft in Anspruch nehmen kann, unabhängig davon, wie hoch der Erbteil des betroffenen Miterben ist.
Der Miterbe, der den Anspruch des Gläubigers befriedigen muss, kann danach von den anderen Miterben Ausgleichszahlungen in Höhe ihrer jeweiligen Erbquote verlangen.
Die Haftung des Erben ist gesetzlich so geregelt, dass der Erbe vorläufig unbeschränkt haftet. Jedoch kann er seine Haftung unter bestimmten Bedingungen beschränken.
Ab dem Zeitpunkt der Annahme der Erbschaft haftet der Erbe nicht nur mit dem Nachlass, sondern darüber hinaus auch mit seinem gesamten privaten Vermögen für die Nachlassverbindlichkeiten.
Aber auch nach Annahme der Erbschaft wird dem Erben noch eine gesetzliche Schonfrist zugebilligt, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich einen Überblick über den Nachlass und die Nachlassverbindlichkeiten zu machen, bevor er unbeschränkt haftet. Dadurch wird vermieden, dass der Erbe für Schulden aufkommen muss, ohne von diesen bei Annahme des Erbes zu wissen.
Einerseits steht dem Erben die sogenannte Dreimonatseinrede gemäß § 2014 BGB zu. Diese berechtigt den Erben während der ersten drei Monate nach der Annahme der Erbschaft, aber höchstens bis zum Zeitpunkt der Errichtung des Inventars, die Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten zu verweigern.
Diese Einrede wirkt sich allerdings nicht auf den Bestand der Verbindlichkeiten aus, so dass er die Verbindlichkeiten später begleichen muss, wenn er seine Haftung nicht durch besondere Maßnahmen beschränkt.
Diese Einrede verhindert auch nicht, dass der Erbe in Verzug gerät, so dass der Erbe gegebenenfalls Verzugszinsen zahlen muss. Die Verjährung wird ebenfalls nicht gehemmt.
Andererseits steht ihm die Aufgebotseinrede gemäß § 2015 BGB zu. Danach ist der Erbe, der innerhalb eines Jahres nach der Annahme der Erbschaft den Antrag auf Erlassung des Aufgebots der Nachlassgläubiger gestellt hat und dessen Antrag zugelassen wurde, berechtigt, die Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu verweigern.
Foto: © ljupco - 123RF.com