Schenkungen sind ein Weg, Begünstigten zu Lebzeiten Vermögen zu übertragen, zum Beispiel ein Haus. Um damit nicht das Erbrecht auszuhebeln, hat der Gesetzgeber Beschränkungen vorgesehen.
Unter bestimmten Voraussetzungen sieht der Gesetzgeber vor, dass Schenkungen auch für erbrechtliche Angelegenheiten von Bedeutung sind. Das Verschenken von Vermögen oder Vermögensteilen kann zwar grundsätzlich nach dem freien Willen des Schenkenden erfolgen. Doch der Gesetzgeber setzt dort Grenzen, wo das Verschenken die Rechte von pflichtteilsberechtigten Erben aushöhlen oder Ungerechtigkeiten unter an sich gleichberechtigten gesetzlichen Erben bewirken könnte, nämlich dann, wenn der Nachlass zum Beispiel noch kurz vor dem Tod vermindert wird.
Die Schenkungsfreiheit wird vom Gesetzgeber begrenzt, wenn Rechte von Pflichtteilsberechtigten gefährdet sind.
Dies gilt, wenn der Erblasser in den letzten Jahren vor seinem Tod Schenkungen durchführt und dadurch sein Vermögen zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten verringert. Laut Gesetz hat der pflichtteilsberechtigte Erbe dann einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ BGB).
Danach kann der Pflichtteilsberechtigte eine Ergänzung seines Pflichtteils verlangen, wenn der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht hat.
Als Ergänzung kann der Pflichtteilsberechtigte den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn das verschenkte Vermögen zum Nachlass hinzugerechnet wird. Der Nachlass wird für die Berechnung des Pflichtteils in diesem Fall also so behandelt, als ob die Schenkung nicht stattgefunden hätte.
Seit dem 1. Januar 2010 gilt eine Pro-Rata-Regelung (eingeführt durch Gesetz vom 24. September 2009). Danach wird eine Schenkung innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang (100 Prozent) berücksichtigt. Für jedes weitere Jahr vor dem Erbfall sinkt der Anteil um jeweils ein Zehntel.
Innerhalb des sechsten Jahres vor dem Erbfall wird eine Schenkung dann z.B. nur in Höhe von 50 Prozent angerechnet. Sobald zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes vergangen sind, bleibt die Schenkung komplett unberücksichtigt.
Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe (§ 2325 Abs. 3 BGB).
Wenn Abkömmlinge (also an erster Stelle Kinder) des Erblassers erben, sind sie durch das Gesetz verpflichtet, das Vermögen, das sie vom dem Erblasser zu dessen Lebzeiten erhalten haben, bei einer Auseinandersetzung untereinander auszugleichen, soweit nicht der Erblasser bei der Zuwendung etwas anderes angeordnet hat (§ 2050 Abs. 1 BGB).
Diese Ausgleichungspflicht besteht auch für Zuschüsse zu Einkünften und Aufwendungen für eine Berufsausbildung, insofern und insoweit sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben.
Im Übrigen besteht eine Ausgleichspflicht für Zuwendungen unter Lebenden, wenn der Erblasser dies bei der Zuwendung so angeordnet hat (§ 2050 Abs. 2 und 3 BGB).
Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, das gesetzliche Erbrecht der Abkömmlinge (Kinder), die nach dem Gesetz zu gleichen Teilen erben sollen (§ 1924 Abs. 4 BGB), zu schützen.
Es soll vermieden werden, dass im Erbfall Ungleichheit dadurch entsteht, dass einige Kinder bereits zu Lebzeiten Zuwendungen des Erblassers erhalten haben und auf diese Weise insgesamt besser gestellt sind als ihre Geschwister.
Beispiel:
Noch zu seinen Lebzeiten hat der Erblasser seiner einen Tochter zu deren Eheschließung eine Eigentumswohnung geschenkt, wohingegen die andere Tochter nichts bekommen hat, weil sie bis zum Tod des Erblassers unverheiratet geblieben ist.
In diesem Fall sieht das Gesetz vor, dass die Tochter, die die Wohnung bekommen hat, diese Zuwendung im Erbfall ausgleichen muss. Konkret bedeutet dies nicht, dass sie ihrer Schwester Geld geben muss, sondern, dass sie bei der Teilung der Erbschaft so viel weniger erhält, wie sie durch die Schenkung zu Lebzeiten des Erblassers bereits erhalten hat.
Die Vorschrift des § 2050 BGB dient also als Regel zur Berechnung der Erbteilung, wenn Ausgleichung geschaffen werden muss.
Zu beachten ist, dass diese Vorschrift nur anwendbar ist, wenn es um die Ausgleichung unter Abkömmlingen des Erblassers geht und wenn die gesetzliche Erbfolge eintritt.
Gibt es hingegen eine Verfügung von Todes wegen (zum Beispiel Testament), so ist der darin stehende Wille des Erblassers maßgeblich. Hat er in seiner Verfügung von Todes wegen keine Ausgleichung unter seinen Kindern vorgesehen, obgleich sie zu Lebzeiten ungleiche Zuwendungen erhalten haben, so besteht auch kein Anspruch auf Ausgleichung nach dem Gesetz.
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